Sie wurde nur 13 Jahre alt. Emily starb 2019 auf Klassenfahrt. Dafür wurden zwei Lehrerinnen verurteilt. Kay Schierwagen möchte, dass man seine Tochter nie vergisst, und er will anderen Kindern helfen, die wie seine Tochter an Diabetes erkrankt sind. Dafür übergab er nun eine große Summe ans Elisabeth-Krankenhaus.
MÖNCHENGLADBACH, von Gabi Peters | Für Kay Schierwagen ist es ein großer Tag. Viel Geld hat seine Stiftung gesammelt, die er seiner Tochter gewidmet hat. Das Mädchen Emily, das an Diabetes Typ I erkrankt war, starb im Juni 2019 auf einer Klassenfahrt in London. Dass dafür zwei aufsichtsführende Lehrerinnen wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt wurden, dafür hat der Vater lange gekämpft. Er wollte Gerechtigkeit, wie er immer wieder betonte, und er hatte sich ein Ziel gesteckt: „Nie wieder soll ein Kind an Diabetes sterben müssen.“ Dafür gründete er eine Stiftung, die Emily-Stiftung.
Innerhalb kurzer Zeit sammelte Kay Schierwagen 30.000 Euro. Die spendet er jetzt an den Förderverein „Pro Eli“. Das Geld, das war dem Vater schnell klar, sollte an die Kinderklinik des Elisabeth-Krankenhauses gehen, dem Ort, an dem an Diabetes erkrankten Kindern geholfen wird und an dem auch Emily auf ihre Krankheit eingestellt worden war.
Ursula Strier, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin sowie Diabetologin am Eli, kann sich noch gut an Emily erinnern, obwohl das Mädchen damals, bei der Erstaufnahme, erst fünf Jahre alt war: „Ich weiß sogar noch, auf welchem Zimmer sie lag.“ Emily sei ein fröhliches Kind gewesen. Obwohl sie noch so jung war, habe sie mit ihrer Krankheit gut umgehen können. „Sie hat die Diabetes-Erkrankung getragen wie ein kleines Rucksäckchen und ansonsten ganz normal gelebt. Emily hat sogar noch anderen Kindern geholfen“, sagt Ursula Strier.
Auf der Station, auf der die promovierte Ärztin arbeitet, werden zuckerkranke Kinder und Jugendliche behandelt. Sie und ihre Eltern bekommen alles genau erklärt. Auf dem Gang stehen nicht nur Gemüse-Snacks als Mahlzeit für zwischendurch, sondern auch Muffins. Die sind erlaubt. Allerdings: „Man muss sich vergewissern, wie viel Zucker darin steckt“, sagt Strier. Im normalen Leben ist der Zuckergehalt der süßen Leckerei meistens nicht angegeben. Im Eli steht alles auf einem Schild. „So können die Kinder richtig eingestellt werden“, erklärt die Fachärztin, der es wichtig ist, zu betonen, dass man nicht an Diabetes Typ I erkrankt, weil man Falsches gegessen hat. „Die Kinder können nichts dafür“, sagt sie. Es handele sich hier um eine Autoimmunerkrankung, und wie bei allen Autoimmunkrankheiten nähmen die Fälle drastisch zu.
Drei Neuzugänge werden derzeit im „Eli“ mit dieser Krankheit behandelt, auch die sechs Monate alte Anni. Ihre Mutter fühlt sich und ihre Tochter auf der Kinderstation gut versorgt. Auch ihr viereinhalbjähriger Sohn war hier schon in Behandlung. Denn auch er hat Diabetes Typ I. Wie es kommt, dass beide Kinder erkrankt sind, weiß die Mutter nicht. Bei ihrem Sohn vermutet sie eine Folge von Corona, aber sicher sei das nicht. „Außer den Kindern hat keiner in unserer Familie Diabetes“, sagt sie. Durch ihren Sohn habe sie gelernt, mit der Krankheit umzugehen. Auch der komme damit schon gut zurecht. „Ab und zu sagt er mir: ,Mama, bei mir piept es’. Dann hat sich die Pumpe gemeldet, und wir wissen, was zu tun ist“, sagt die Mutter.
„Diabetes betrifft nicht nur die erkrankten Kinder, es betrifft die ganze Familie“, weiß Ursula Strier. Damit meint sie die Eltern, die viel über den Umgang mit der Krankheit lernen müssen, und auch Geschwisterkinder, die manchmal zurückstecken müssen, weil sich erst einmal alles um das kranke Kind dreht. Und deshalb kommt die Spende aus der Emily-Stiftung auch gerade recht. „Als ich die Summe hörte, war ich erst einmal sprachlos“, sagt die Fachärztin.
Jetzt könne man neben der medizinischen Betreuung auch eine Selbsthilfegruppe für an Diabetes erkrankte Kinder und deren Familien anbieten. Die Gruppe soll sich laut Strier bald regelmäßig in einer Sportstätte, dem Trampolinpark High-Fly, treffen. Dort könnten die Kinder sich bewegen und Angehörige sich kennenlernen, sich austauschen und gleichzeitig etwas über Sport und Diabetes lernen.
„Das ist ganz in meinem Sinne“, sagt Kay Schierwagen. Und das Gleiche gelte wohl auch für seine Tochter, deren Grab in Mönchengladbach der Duisburger immer noch beinahe täglich besucht.
Zur Spendenübergabe hat Emilys Vater auch seinen Rechtsanwalt Wolfgang Steffens eingeladen, mit dem er entgegen allen Widrigkeiten ein Urteil im Fall Emily erkämpfte. Nun will Kay Schierwagen noch Schadenersatz fordern – nicht für sich, sondern für seine Emily-Stiftung. Denn die Unterstützung kranker Kinder soll weitergehen.
„Es ist bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich hier im Eli zur Spendenübergabe bin“, sagt er. Und: „Hier wird den Kindern geholfen.“ Ein musikalisches Geschenk hat Kay Schierwagen für die jungen Patienten und Patientinnen an diesem Tag auch im Gepäck: ein kleines Konzert der Kölner Künstler Loana und Micha Vernov.